ALP-Piaggio Liberty 125 iget 4T-3V

Einführung

Auf Basis eines 125ccm Scooterantriebs wollen wir das Potential der Abgasladepumpentechnologie in dieser kleinen, aber außerordentlich populären Hubraumklasse darstellen. Unsere Zielsetzungen sind:

  1. Nennenswerte Reduzierung des spezifischen Treibstoffverbrauchs (CO2-Emissionen)
  2. Drastische Reduzierung der Abgasemissionen (CO) durch Vermeidung der Volllastanreicherung
  3. Verwendung eines preiswerten luftgekühlten Motors
  4. Verbesserung der Fahrleistungen durch Drehmoment- und Leistungsanhebung, womit u.U. eine kostenaufwendigere Vierventiltechnik mit Wasserkühlung substituiert werden kann

Unser Wahl, hinsichtlich eines geeigneten Versuchstriebwerks, fiel auf den modernen, luftgekühlten Viertaktrollermotor „125-iget“ mit drei Ventilen von PIAGGIO . Gründe für diese Entscheidung waren:

  1. Der Motor zeichnet sich in der Originalabstimmung durch sehr niedriger spezifische Kraftstoffverbräuche aus
  2. Das Triebwerk besitzt für die ALP-Aufladung, ausreichend mechanische und thermische Reserven, da es baugleich auch als 150cc-Version angeboten wird.
  3. Der Motor wird in mehreren Fahrzeugen weltweit verbaut und besitzt hohe Kundenakzeptanz

Bei allen Testläufen blieb der Motor mechanisch unverändert. Für die ALP-Version wurde das Kennfeld der ECU hinsichtlich Zündzeitpunkt und Einspritzmenge angepaßt.

Piaggio Liberty 125ccm mit ALP

Piaggio Liberty 125ccm mit ALP auf dem Leistungsprüfstand

Leistungs- und Drehmomentsteigerung

Mittels der ALP-Aufladung sollte das Drehmoment besonders im mittleren Drehzahlbereich gesteigert werden, um eine durchzugsstarke Motorcharakteristik zu erhalten, die in dieser (kleinen) Hubraumklasse  von hoher Bedeutung für die Fahrleistungen ist. Die Maximaldrehzahl des Motors blieb hinsichtlich seiner Auslegung auf hohe Lebensdauer unverändert. Das nachfolgende Leistungsdiagramm zeigt den Erfolg der ALP-Aufladung mit bis zu 30% Drehmoment- und ca. 20% Leistungsgewinn. Obwohl bei der ALP-Abstimmung die Leistungskennwerte im Fokus standen, wurde hierfür die Vollastanreicherung bereits auf ʎ≈0,95 von ursprünglich ʎ≈0,85 „abgemagert“. Die Hintergründe für die technische Möglichkeit zur Abmagerung bzw. Verzicht auf Volllastanreicherung werden im nachfolgenden Kapitel „Kraftstoffverbrauchseinsparung“ erläutert.

Kraftstoffverbrauchseinsparung

Um den spezifischen Kraftstoffverbrauch nennenswert zu senken, muß auf die Vollastanreicherung verzichtet und der Motor in höheren Lastpunkten (Entdrosselung) betrieben werden. Die letztere Maßnahme wird im realen Fahrbetrieb durch Drehmomentanhebung, einhergehend mit Drehzahlabsenkung (längere Endübersetzung) erreicht. Der Verzicht auf die Volllastanreicherung ist nur bis zu einer maximalen (mittleren) Abgastemperatur als entscheidendes Kriterium für die thermische Belastung des Zylinderkopfes möglich. Wird diese überschritten, muß mit zusätzlichem Kraftstoff zur Innenkühlung als Bauteilschutz angereichert werden. Je nach Motorbauart liegt der Gemischkennwert in der Regel bei Volllast um ʎ≈0,8 bis 0,9, d.h. 10-20% unverbranntem Kraftstoff im Abgas mit entsprechend hohen CO-Emissionen!

Die ALP-Aufladung ermöglicht nunmehr, auf Grund des erhöhten Frischgasladedrucks, den Zylinderkopf während der Ventilüberschneidung effizient mit Frischgas zu spülen. Besonders vorteilhaft gestaltet sich diese Maßnahme, wenn auf eine Kraftstoffvorlagerung im Saugrohr weitgehend verzichtet wird, um keinen unverbrannten Kraftstoff während der Überschneidungsphase in den Abgastrakt zu spülen. Da der Versuchsmotor im Ventiltrieb, bzw. den Steuerzeiten nicht modifiziert wurde, stellen sich mit der ALP-Aufladung trotz des stöchiometrischen Betriebs mit ʎ≈1 Spül- und Liefergradverluste ein. Hier liegt noch ein erhebliches Potential für die ALP-Aufladung, was durch eine Änderung der Steuerzeiten ausgeschöpft werden könnte, bzw durch die weiter unten beschriebene ALP-FI_Modifikation teilweise umgesetzt wurde. Die nachfolgenden Diagramme zeigen die Einsparungen im spezifischen Kraftstoffverbrauch sowohl in der Volllast des Serienmotors, als auch der Volllast der ALP-Version. Sämtliche Leistungspunkte des ALP-Motors wurden mit ʎ≈1 gefahren, um im gesamten Kennfeldbereich die Emissionen im Katalysator konvertieren zu können. Besonders ist darauf hinzuweisen, daß die Zylinderkopf nahen Abgastemperaturen des ALP-Motors bei ʎ≈1  in allen Lastpunkten niedriger waren, als die des Saugmotors bei ʎ≈0,85. Bemerkenswert ist die geringe Abgastemperatur in der ALP, die selbst bei Volllast 65°C nicht überschreitet. Auf Grund der o.g. Spülverluste von Kraftstoff während der Ventilüberschneidungsphase, bedeutet der ʎ≈1 –Betrieb im Abgastrakt bei der Seriensteuerzeitenauslegung einen realen Magerlauf der Verbrennung im Zylinder, was mit einem Leistungsverlust einhergeht. Dieser Effekt spiegelt sich in den unterschiedlichen Leistungsniveaus der ALP-Version aus oben gezeigter dynamischer Leistungsmessung mit ʎ≈0,95 und nachfolgenden stationären Leistungsmessungen mit ʎ≈1 wieder.

ALP-FI-Modifikation

Um die Spülverluste von Kraftstoff bei der Ventilüberschneidung zu reduzieren, sollte vorzugsweise ausschließlich Luft, bzw. Kraftstoff armes Gemisch an den Einlaßventilen im Saugrohr vorgelagert werden. Bei ins Saugrohr einspritzenden Saugmotoren wird häufig hinsichtlich einer guten Gemischaufbereitung ein erheblicher Kraftstoffanteil ins Saugrohr auf die geschlossenen Einlaßventile vorgelagert, der beim Öffnen der Einlaßventile als Kraftstoffdampf in den Brennraum gelangt. Der wesentlich höhere Frischgasdruck der ALP-Aufladung schiebt diese Kraftstoffwolke jedoch direkt als Spülverlust in den Auslaßkanal. Eine geänderte Positionierung der Einspritzdüse  kann diesen Spülverlusten entgegenwirken und das weitere Potential der ALP-Aufladung nachweisen. Die Einspritzdüse wurde im Saugrohr gegen den Luftstrom hin zur Drossellappe ausgerichtet, womit die vorgelagerte Treibstoffmenge nicht mehr vor den Einlaßventilen steht, sondern im weiter entfernten Saugrohrbereich. Die zugehörigen Messergebnisse in den nachfolgenden Diagrammen ist als ALP-FI-Variante ausgewiesen.

Leistungsvergleich von ALP aufgeladenem und Seriensaugmotor

Vergleich des Kraftstoffverbrauchs von ALP aufgeladenem und Seriensaugmotor auf dem Leistungsniveau des Serienmotors

Der ALP aufgeladene Motor unter Volllast

Fazit:

Ohne mechanische Änderungen am Motor wurden folgende Verbesserungen erreicht:

  1. 10-30 % Drehmomentsteigerung im relevanten Drehzahlbereich
  2. 10-20% Einsparung im spezifischen Kraftstoffverbrauch bei hohen Lasten
  3. Kompletter Verzicht auf eine Vollastanreicherung und damit Vermeidung von hohen CO-Emissionen
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